Krafttraining fördert die Durchblutung, auch des Hirns, denke ich. Denn beim Stemmen der Gewichte, ganz egal nach welcher Methode, kann man entweder die Bewegungen zählen und auf die Uhr schielen und keuchen, oder man lässt die Gedanken schweifen, damit die Anstrengung des Körpers nicht bewusst wahrgenommen wird. Ich habe mich heute für die letztere Methode entschieden und, voila! bin zu dem Schluss gekommen, dass weder Tod noch Gewissen Gottes schlechteste Erfindung sind, sondern die Erinnerung.
Mir ist schon klar, dass sich die Physis an ihre Funktionen erinnern muss, sonst würden wir nicht leben, aber wozu die Psyche bemühen? Damit sich die Seele an vergangene Qualen erinnert, nur damit man einen einmal begangenen Fehler nicht wieder macht? Nicht nur mein eigenes Leben, sondern die gesamte Menschheitsgeschichte beweisen, dass das nicht klappt. Das Leben besteht aus nichts als Wiederholungen, im Kleinen, dem Tagesablauf, wie im Großen, den Jahren die man lebt. Das ist eine Binsenweisheit, ich weiß, aber ich will damit sagen, dass ich das weiß. Okay?
Wozu also Erinnerungen an "das Leben"? Ohne solche gäbe es keine Alzheimer Erkrankung. Ja, gut, Alzheimer ist kompliziert, aber der Körper könnte sich ja außer an automatische Tätigkeiten, wie die notwendigen Bewegungen, auch an so nützliche Dinge erinnern, wie die Schlüsselablage und dass Schuhe nicht in den Kühlschrank gehören. Die praktische Ebene des Lebens müsste abgedeckt sein. Der Rest wäre wohltuendes Schweigen. Und sollte jemand meinen, dass er gerne später einmal wissen würde, wie er sich in dieser oder jener Situation, dem oder jenem Urlaub gefühlt hat, könnte er das ja aufschreiben und nachlesen. Es könnte trotzdem Bücher voller Memoiren geben, die andere zu ihrem eigenen Leben machen könnten. Ohne Stress und ohne seelisches Leid.
Apropos Bücher. Ich lese zur Zeit, zum ersten Mal, wie ich mit Erstaunen feststelle, "Peter Pan". Was für ein Buch! Wohl eher für Erwachsene als für Kinder geschrieben, denn schon die Kinder-Kalkulation, wieviel werden sie kosten, gleich im ersten Kapitel, wird wohl kaum von einem Kind verstanden, es sei denn, die Eltern rechnen ihm immer wieder vor, wie teuer es ist es zu halten anstatt, sagen wir, einem Papagei. Mich begeistert das Buch, eine noch nicht so alte Ausgabe, mit vielen, für mein Empfinden kitschigen Abbildungen, gedruckt in China, wegen der Anmut der Fantasie des Autors (dessen Charakter mehr und mehr ins Zwielicht gerät, je mehr man sich seiner Biografie nähert).
Peter Pan kenne ich seit meinen Jugendtage aus dem Zeichentrickfilm von Walt Disney, der 1953 entstanden ist. Wann ich ihn zum ersten Mal gesehen habe, in der synchronisierten Fassung im deutschen Kino, weiß ich nicht mehr genau. Sicher war ich zu "alt" dafür, schließlich ging ich da schon in die Lehre. Aber in diesem Film erlebte ich meine Kindheit, so wie ich sie mir gewünscht hätte! Wie oft hatte ich mir vorgestellt, dass ich fliegen kann? Oder unsichtbar bin? Na gut, unsichtbar ist Peter Pan nicht unbedingt, aber eben auch nicht für jede/n sichtbar. Oder einen Vater hätte ... Ich will es hier einmal ganz klar und deutlich sagen: ich hatte keine schöne Kindheit! Ende der Durchsage.

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