Wespen sind unbeliebt wie Zecken und Viren. Warum? Ich glaube, dass es an ihrem Flugstil liegt. Als ich letzten Freitag die kleine Wespe beobachtete, wobei mir der Name Mathilda durch den Kopf ging, machte mich das Zick-Zack, Auf-Ab und Hin-Her mit dem sie den zur Zeit üppig blühenden Hibiskus, zwei Blüten pro Tag, vor meinem Küchenfenster durchschwirrte ganz schwindelig. Vielleicht lag es auch daran, dass ich eben erst aus der Augenklinik nach Hause gekommen war und alles nur verschwommen und doppelt wahrnahm. Dann überlegte ich, ob der Hibiskus überhaupt etwas ausscheidet, das eine Wespe sammeln kann. (Inzwischen habe ich ein Wattestäbchen auf den Grund im Kelch einer frischen Blüte gesteckt und gekostet: Es schmeckte tatsächlich süß.) Ich fand es sehr mühsam und sicher auch frustrierend für die Wespe, von einem so geringen Nahrungsangebot leben zu müssen, ganz zu schweigen von der Pflicht das Wespennest zu versorgen. Also stellte ich eine Untertasse mit etwas Wasser auf und ließ darin einen Zuckerwürfel zergehen. Wird die Wespe das Angebot annehmen? Sie nahm es an und so begann ein Experiment am Fenster zum Hof.
Mathilda "tankte", wobei ihr hinteres Körperglied vibrierte als würde es wie eine Pumpe arbeiten. Es dauerte nicht ganz zwei Minuten, dann flog sie weg. Ich überlegte, wo sich das Nest befinden könnte und welche Strecke sie zurück legen musste um ihre Fracht zu löschen und wieder an mein Fenster zu fliegen. Nach fünf Minuten landete sie erneut auf dem Tellerrand.
Wenn ich wüsste, wie schnell Wespen fliegen, könnte ich die Entfernung zum Nest errechnen. Aber Rechnen ist sowieso nicht meine starke Seite, also nehme ich an, dass sich das Nest auf dem Dachboden über mir befindet, das wären dann ca. 10 Meter.
Mir fiel auf, dass sie mit ihren Fühlern den Teller abtastete und während des "pumpens" diesen Fühlerkontakt aufrecht erhielt. Sie tastet nicht nur den Untergrund ab, sondern riecht auch mit den Fühlern. Wespen "bunkern" übrigens keine Vorräte, wie Bienen, es muss also ständig Futter herangeschafft werden.
Bei wirklich ganz miserablem Wetter, wenn an Ausfliegen nicht zu denken ist, müssen die Larven als Nahrungslieferanten herhalten. Nein!, sie werden nicht gefressen, nur quasi "begrabscht" und durch die Berührung geben sie, wie schon berichtet, einen Tropfen zuckerhaltige Flüssigkeit ab, die dann von den Nestbewohnerinnen aufgenommen wird. So viel wusste ich also jetzt über Wespen.
Es dauerte nicht lange, bis eine zweite Wespe auftauchte und im Lauf des Tages wurden es immer mehr, bis ich fünf auf einmal auf dem Teller zählte, auf dem ich ein Stückchen Nektarine auslegte, in der irrtümlichen Annahme, die Wespen würden Stücken davon abbeißen und mitnehmen. Aber sie beißen die Frucht nur an und saugen dann den Saft aus der Wunde. Lediglich erbeutete Insekten und das Fleisch von Aas wird zu Brei zerkaut und im Nest herausgewürgt und verfüttert.
Während ich am offenen Küchenfenster stand und das Kommen und Gehen von Mathilda und ihren Kolleginnen, (denen ich übrigens keine Namen, nur noch Nummern gab, quasi als "Nachnamen": Zwei, Drei ...) wohlwollend beobachtete, blubberte, rann und tropfte der Frühstückskaffee in die Kanne. Ich warf ein Stück Würfelzucker in die Tasse ... und da fragte ich mich: Nehmen Wespen auch Kaffee zu sich, wenn er süß genug ist? Das wollte ich natürlich sofort wissen!
Ich präparierte also ein zweites Tellerchen, dieses mit rotem Dekor, um auch noch zu testen, welche Farbe beliebter ist, oder ob Rot ganz abgelehnt wird. Ich war gespannt!
Anfangs wurde "Rot" einfach ignoriert, "Blau" war ja bekannt und mit süßem Sirup befüllt. Warum also das Unbekannte wagen? Also nahm ich Blau weg. Das irritierte meine "Mädels" sehr. Sie flogen wieder Zick-Zack, Auf-Ab und Hin-Her. Es machte mich ganz meschugge und ich fürchtete auch, dass sie sich auf mich stürzen und zu Fleischbrei verarbeiten könnten. Vorsichtshalber schloss ich das Fenster. Rot wurde zwar angeflogen und per Fühler getestet, aber keine Wespe tankte Kaffeesirup von Rot, nicht einmal als ich noch ein Stück Zucker nachlegte.
Vielleicht mögen sie das Rot nicht, dachte ich und tauschte die Teller aus, diesmal mit Kaffee auf Blau. Aber auch hier wurde nur überflogen, nicht gelandet. Die Wespen widmeten sich lieber wieder dem Hibiskus. Darum stellte ich den kurzfristig in die Küche, in der Hoffnung, dass die Not den Kaffee akzeptable machen könnte.
Kaffee hat bei Wespen keine Chance, ganz egal wieviel Zucker er enthält. Um sie nicht länger zu frustrieren, stellte ich jetzt Zuckerwasser auf Rot zur Verfügung und nach kurzer Irritation über die Farbe, wurde das Angebot angenommen. Schließlich gab ich ihnen auch wieder Blau und dann war die Welt endlich in Ordnung.
| Ein Bild aus üppigen Tagen |
Heute war, wie gesagt, ein Regentag und mir fiel auf, dass nur wenige Wespen kamen. Es war auch ziemlich kühl, nur 13 Grad. Sterben sie schon? Ach Mathilda!


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