In seinem "Wort zum Sonntag" sagte ein Geistlicher: (Ich will hier keine Konfession nennen, weil dieses Kapitel überhaupt nichts mit Religion zu tun hat.) "Der Penis* ist nicht für den After geschaffen." Ob das grammatikalisch korrekt ist oder nicht, sei dahingestellt und ob es in der Sache zutrifft, kann wahrscheinlich nur der beurteilen, der eigene Erfahrungen damit gemacht hat. Damit will ich dem Geistlichen nichts unterstellen, "Honi soit qui mal y pense", er hat den Satz vielleicht von einer anderen Quelle übernommen. Es geht hier ja auch nicht um den Analverkehr, sondern um das Fliegen.
Der Mensch ist nicht für das Fliegen geschaffen, oder erschaffen, wie auch immer. Zumindest nicht jeder Mensch im Allgemeinen und insbesondere nicht die Frau auf dem Mittelsitz neben mir, die sich, seit das Flugzeug abgehoben hat, an beide Armlehnen klammert und ständig "O lieber Gott, o lieber Gott, o lieber Gott" in Mantramanier vor sich hinsagt.
O lieber Gott, denke ich, lasse sie ohnmächtig werden! Sie wird es nicht. Der Draht zu Gott ist wohl von ihr blockiert. Ich würde es nun doch vorziehen, wenn Vater, Mutter und Jonathan neben mir säßen und ich ihren archaischen Sprachergüssen ausgeliefert wäre, statt dieser Frau und ihrer Flugangst.
O lieber Gott, denke ich, lasse sie ohnmächtig werden! Sie wird es nicht. Der Draht zu Gott ist wohl von ihr blockiert. Ich würde es nun doch vorziehen, wenn Vater, Mutter und Jonathan neben mir säßen und ich ihren archaischen Sprachergüssen ausgeliefert wäre, statt dieser Frau und ihrer Flugangst.
"Engel fliegen, und Vögel, aber nicht Menschen!" hat sie zu ihrem Mann, der den Fensterplatz einnimmt, gesagt, als dieser ihr klar zu machen versuchte, dass das Fliegen die natürlichste Sache der Welt sei.
Da war das Flugzeug noch nicht einmal in der Startposition. Ich glaube, die Panik ergriff die Frau während der Durchsage über Sicherheit und Rettung. Warum die überhaupt noch gemacht wird? Heutzutage ist doch jede/r mindestens schon einmal geflogen und kennt das Prozedere. Die Einen hören deshalb gar nicht mehr zu und die Anderen machen sich jedes Mal beinahe in die Hose!
Apropos in die Hose machen. Es ist erstaunlich wie viele Menschen während eines dreistündigen Fluges auf die Toilette müssen. Wenn man, wie ich an diesem Tag, ziemlich weit vorne sitzt, sieht man wie sich die Schlange bildet, die immer länger wird und mit lähmender Langsamkeit vorrückt. Manches Gesicht, in das man hin und wieder aufblickt, wirkt verkrampft oder gepeinigt. Man spürt direkt die bebende Aura der Notbedürftigen, die sich alle fragen, warum das dort vorne soooo lange dauert. Die Erleichterung, die sich danach auf den Gesichtern spiegelt, ist unverkennbar. Man könnte meinen, sie kämen alle aus dem Sprechzimmer eines Zahnarztes und der habe nicht gebohrt. Dabei ist das was ich sehe nur die Hälfte der Misere, im hinteren Teil des Fliegers befindet sich ja auch eine Toilette. Einmal angenommen die Bedrängnis der Menschen die sich erleichtern müssen und die seelische Not der Flugängstigen würde das Flugzeug mit realem Gewicht belasten, dann könnten es wahrscheinlich wirklich nur noch Engel in der Luft halten. So viel zum Apropos.
"Engel fliegen, und Vögel, aber nicht Menschen." hat sie gesagt.
"Möchtest Du am Fenster sitzen?" fragte er.
"Was hat denn das damit zu tun?" war ihre, berechtigte, Gegenfrage.
"Da kannst Du nachher die Alpen sehen."
Mit der Antwort lag er völlig daneben. Nicht nur weil man von der Seite auf der wir unsere Plätze hatten, die Alpen nachher nicht würde sehen können, sondern weil die Frau sagt:
Mit der Antwort lag er völlig daneben. Nicht nur weil man von der Seite auf der wir unsere Plätze hatten, die Alpen nachher nicht würde sehen können, sondern weil die Frau sagt:
"Wenn ich die Alpen sehen will fahre ich in die Schweiz." Die Frau denkt praktisch, dachte ich.
"In der Türkei ist es warm." erwiderte er darauf.
Ich hatte plötzlich den Eindruck die Gegenwart Kafkas zu spüren. Dieser Dialog lief doch sicher in zwei verschiedenen Räumen ab, nicht in einer Flugzeugkabine?
Ich hatte plötzlich den Eindruck die Gegenwart Kafkas zu spüren. Dieser Dialog lief doch sicher in zwei verschiedenen Räumen ab, nicht in einer Flugzeugkabine?
In dem Moment heulten die Motoren auf und die Frau sagte ihr erstes: "O lieber Gott."
Sie würde sicher lieber im Allgäu Urlaub machen, in Schnee und Eiseskälte, als in der warmen Türkei, dachte ich.
Seither sagt sie also "O lieber Gott." und klammert sich an die Armlehnen, während ihr Mann am Fenster vergeblich nach den Alpen Ausschau hält.
Sie würde sicher lieber im Allgäu Urlaub machen, in Schnee und Eiseskälte, als in der warmen Türkei, dachte ich.
Seither sagt sie also "O lieber Gott." und klammert sich an die Armlehnen, während ihr Mann am Fenster vergeblich nach den Alpen Ausschau hält.
Ich stöpsle den Kopfhörer in mein iPad und klicke mich in die "Yellow Submarine" ein. Ich liebe diesen Film!
"Lucy in the Sky with Diamonds" perlt wie Champagner in meine Ohren.
Ich lehne mich zurück, schließe die Augen und vertraue darauf, dass die Engel das Flugzeug in der Schwebe halten werden ...
Ich lehne mich zurück, schließe die Augen und vertraue darauf, dass die Engel das Flugzeug in der Schwebe halten werden ...
PS. Im Nachhinein frage mich jetzt allerdings, ob es angenehm sein würde perlenden Champagner in den Ohren zu haben?
* Eventuell anstößige Wörter habe ich in verkleinerter Schrift wiedergegeben.


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