Samstag, 19. September 2015

Spätsommer - ein Gedicht





Tage sind das, Tage sag ich Dir:
herb, klar und voll wie Chrysanthemen!
Und Du wunderst Dich, verübelst es mir,
wenn ich heraus aus dem Stadtgewirr,
aus dem Kranennetz, aus dem Baggergrab fliehe,
um vom Sommer Abschied zu nehmen?

Stunden fliegen hier, Stunden! Glaube das,
hingehaucht, zart und schnell wie Bienenflügel!
Ich liebe das nichtkultivierte Gras
und Bäume, nicht Bauten aus Beton und Glas,
aus Schutt und Ruinen, Tränen und Schweiß,
aus Tod und Vergessen errichtete Hügel.

Sekunden gibt es, Sekunden mein Kind:
süß, golden und schwer wie Honigwaben,
Bilder die mir vom raschen Wind
nur all zu schnell wieder entrissen sind
und zum Himmel getrieben entschwinden,
an des Augenblickes zerreißendem Faden.

Sekunden, Stunden und Tage vergehn
wie Blumen denen die Biene den Nektar nahm.
Ich aber habe die Wiesen betreten,
den Wald gesehn als die Blätter verwehten
und ehe der Winter mit seinen langen
am Fernseher verbrachten Abenden kam.





















gelang 1971

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