Sonntag, 23. August 2015

Bilder aus der Wilhelma


Rechts und links von einer Terrakottawand flankiert liegt der Eingangspavillon (links im Bild) und dahinter der Haupteingang der "Wilhelma". Das heutige "Kassenhaus" wurde 1843 erbaut. Es liegt ein Fuß (0,28 m!) über dem damals höchsten Wasserstand des Neckars. Dem Besucher von heute, der den Neckar tief unten in seinem kanalisierten Bett sieht, ist das unvorstellbar. Die Terrakottaplatten stammen aus dem Jahr 1856. Sie werden, je nach Bedarf, ständig restauriert.
König Wilhelm I. ließ die Anlage ab dem Jahr 1842 im Maurischen Stil, der damals Mode war und die Alhambra im spanischen Granada als Vorbild hatte, erbauen und gab ihr den auch heute noch gültigen Namen: Wilhelma. Eigentlich war es ein "Badhaus" mit Nebengebäuden und Parkanlage, nachdem 1829 Mineralquellen auf dem Gelände von Schloss Rosenstein, zu dem das Areal gehörte, gefunden wurden. 
So viel zur Geschichte, schließlich heißt der Beitrag ja "Bilder aus der Wilhelma". Nachdem ich im Juni, oder war es schon Juli? von Freunden aus Ulm (Mama, Papa und drei Töchter) zu einem Besuch der Wilhelma eingeladen wurde und dabei den horrenden Eintrittspreis von 16 €uro mitbekommen hatte, beschloss ich, mir eine Dauerkarte zu besorgen. Diese kostet 40 €uro und gilt ein ganzes Jahr! Als praktizierender Schwabe würde ich natürlich nie "äbbes (etwas) verkommen" lassen, also ungenutzt verschwenden. Deshalb war ich inzwischen schon wieder zwei Mal im zoologisch- botanischen Garten. Übrigens gibt es Tiere erst seit der Nachkriegszeit in der Wilhelma.
Jetzt aber hinein in die Welt von Pflanzen und Tieren! Gleich hinter dem Eingang kann man durch das Gewächshaus schlendern.


Neben allen möglichen Exoten gibt es hier 8000 Orchideen in 976 Arten. Es werden immer nur die gerade blühenden Pflanzen gezeigt. Übrigens sind Stuttgarter Orchideen in beinahe allen botanischen Gärten der Welt zu finden!





























Dann geht es in den Wintergarten mit mehreren Palmenarten. Hier ist der ganze Boden mit Moosfarn bewachsen und mit jahreszeitlich passenden Pflanzen dekoriert. Ein Hingucker sind die bunten Kois in ihrem kleinen Becken. Einige der mitgeführten Kleinkinder schlafen hier schon selig ...




























































































































































Nach den Fuchsien gelangt man endlich wieder ins Freie. Warum "endlich wieder"? Weil der Weg durch das Gewächshaus sehr schmal ist und, wenn man einen Rollstuhl, einen Kinderwagen für zwei oder gar eine alles fotografierende Reisegruppe vor sich hat, seeeeehr lang sein kann!
Übrigens dachte ich am Sonntag, der ein Regentag war, dass da doch wenig Andrang herrschen würde, um Dinge im Freien zu tun. O Gott, was für eine Fehleinschätzung! Regenschirme, Capes, Anoraks und Ponchos so weit das Auge reichte und dazwischen undenklich viele Kinderwagen in denen Kinder schliefen oder wie am Spieß schrien! 
Ich hätte ja umkehren und nach Hause gehen können, aber wie gesagt: der Schwabe lässt nix verkommen ...
































Wie gesagt, es war ein Regentag. Der Regen fiel unaufhörlich bis zum späten Nachmittag. Es war ein leichter Regen und ich war der Meinung, er würde im nächsten Moment aufhören. Tat er aber nicht und langsam bereute ich es, keinen Schirm dabei zu haben, wie andere. Zwar hatte ich das Mitführen eines Schirms erwogen, mich dann aber, im Hinblick auf die vielen Schirmverluste die ich schon erlitten habe, von der Idee distanziert und mich für eine Schirmmütze entschieden, die verhinderte dass es mir auf die ungeschützte Glatze regnet. Es gibt zwei Dinge die ich hasse: Staubsaugen und Regen auf die Glatze!































Meine erste Annahme, dass wegen der ungemütlichen Witterung wenige Besucher in der Wilhelma sein würden hatte sich ja gleich hinter dem Eingang als nicht zutreffend erwiesen und im Lauf der Zeit, je tiefer ich in die Anlage vordrang, musste ich auch die Meinung begraben, dass mehr Tiere sichtbar sein würden. Die meisten waren vernünftig und blieben in ihren Unterkünften. Ein paar Ausnahmen gibt es immer. Die Giraffenmama pflückte das letzte erreichbare Grün vom Akazienbaum, der Goldbär (nicht wirklich ein zoologischer Name, nur mein Eindruck von ihm.) lag faul und kaum sichtbar im Gelände und lediglich der Eisbar präsentierte sich publikumswirksam. Allerdings schien ihn das alles anzuöden.




Ich verstehe ja nicht, wie Eltern ihren vier- und fünfjährigen Kindern einen Marsch durch das Gelände zumuten können und sich dann wundern, oder sogar ärgern, wenn die Kleinen bockig werden. Das Argument: "Wir haben Dich doch gefragt ob Du in die Wilhelma willst." das ein sportlicher junger Papa seinem noch nicht lange den Windeln entwachsenen Sohn in anklagendem Ton entgegenhielt, stieß bei diesem auf taube Ohren. Er wollte, wie ET, nur "nach Hause". Mit dem Versprechen ihm ein Eis zu kaufen, lockte Papa ihn schließlich aus der Toilette im Affenhaus in den Regen, wo eine sichtlich genervte Mama auf die beiden wartete. Kinderwagen hatten sie nicht dabei.
Ich ging zur Seelöwen Fütterung.





Der Bulle stiehlt den Damen die Show und das Publikum dankt ihm mit Applaus. Ein Bekannter, der in der direkt an den Park angrenzenden Pragstraße wohnt, sagte mir, als ich erzählte dass die Seelöwen immer so schön "Uck uck uck!" rufen, dass die das auch schon um vier Uhr morgens tun. Ob ich das zu der Zeit schön finden würde, wagte ich zu bezweifeln. "Ich höre das schon gar nicht mehr." sagte er. Man passt sich den Zu- und Umständen an.
Apropos anpassen. Es sind auch zwei Baby Seelöwen in der Gruppe. Die beiden lagerten am Beckenrand und reckten die Hälse in Richtung Wasser und plötzlich, die Fütterungsshow war gerade beendet, der Wärter verschwunden, plumpste eines der Jungtiere ins Becken. `O Gott, es wird ertrinken!´ dachte ich. (Ich neige zu dramatischen Annahmen.) Aber vorläufig schwamm es an dem Abtrennungsgitter immer hin und her. Das andere Geschwister geriet derweil in Panik, robbte aufgeregt hin und her und stieß ein spitzes, heißeres Babykrächzen aus. `Das kann nicht gut gehen.´ dachte ich. Das schwimmende Jungtier tauchte immer wieder kurz auf, gab Wasser aus der Schnauze von sich und verschwand wieder unter Wasser. `Es ertrinkt.´ dachte ich und hielt nach dem Wärter Ausschau. Der war nirgends zu sehen. Im Geist bereitete ich mich auf einen beherzten Sprung ins Becken vor. Nass war ich von dem stetigen Regen sowieso. Der andere Jungseelöwe war inzwischen schreiend in die unterirdischen Räumlichkeiten der Anlage verschwunden. Plötzlich tauche eine Seelöwin unterwasser auf, schwamm zu dem Jungen, beschnupperte es kurz und verschwand wieder. `Die wird doch nicht ihr Kind ertrinken lassen!´ dachte ich. Die Natur kann grausam sein, das sieht man täglich in Tierdokus, die nicht auf "niedlich" zusammengeschnitten sind, im Fernsehen. Inzwischen stand ich schon eine viertel Stunde am Beckenrand. Die meisten anderen Besucher waren weiter gewandert. Nur ein paar besorgt aussehende Mütter schoben Kinderwagen vorbei. Der Seelöwenbengel, es musste ein Junge sein, zog weiterhin seine Unterwasserbahnen, tauchte kurz auf und weg war er wieder. Nach einer Weile, die Zeit kam mir plötzlich sehr lang vor, erschien die Mama, nehme ich an, wieder und nagelte das Junge in einer Ecke fest. `Das ist gar nicht die Mutter, das ist eine eifersüchtige Nebenfrau des Bullen, die das Baby jetzt fertig macht.´ dachte ich. Wie gesagt, ich befürchte immer das Schlimmste. Dort wo das Jungtier ins Wasser geplumpst war, konnte es unmöglich wieder ans Ufer gelangen. Die Zeit zog sich zäh wie kalter Honig in die Länge. Die Seelöwin verschwand wieder, das Jungtier zog noch ein paar Bahnen und auf einmal folgte es der Rundung des Beckens dorthin wo das Wasser ganz flach ist und noch ehe ich dort ankam, war es in den Katakomben verschwunden. Ich war froh, dass ich nicht ins Becken gesprungen war.


Erleichtert wandte ich mich dem Langen See in meinem Rücken zu, in dem die Pelikane beheimatet sind. Ein junger Vater kam mit seiner etwa 8jährigen Tochter herbei. "Da hast Du Deine Pinguine." sagte er. Ich schwieg, ging und fotografierte badende "Pinguine".


















































































Danach war ich eigentlich müde genug um nach Hause zu gehen, aber ich wollte mir dann doch noch den Blick vom "Belvedere" gönnen, dem einst höchsten Punkt der Wilhelma. Dahinter liegt das Mamutbaum-Wäldchen, das König Wilhelm, aus Sämlingen gezogen, anlegen ließ. Zum Glück wurde es bei den Bombenangriffen nicht zerstört. (Der König ließ übrigens in vielen Wäldern Württembergs diese Bäume pflanzen. Zwei haben mich durch Kindheit und Jugend begleitet. Sie stehen im Schönbuch und waren von unserer Wohnung in der Liebenau gut sichtbar, weil sie den Wald um Haushöhe überragten. Sie stehe nebeneinander und ähneln sehr den Türmen des Kölner Doms.) 
Ich nahm den Weg nach oben über die "Mediterrane Terrasse", vorbei an dem schönen maurischen Brunnen und den Vogelvolieren der Papageien. `Wie klein ist doch die Welt.´ dachte ich.
















Die Dame Pfau hat drei Küken. Also ist das auffallend schöne Werben des Herrn Pfau, das ich bei einem früheren Besuch bewundern durfte, doch nicht unerhört geblieben. Ich gratuliere den Eltern!






















































Die Aussicht war schön und es hörte auf zu regnen, also beschloss ich, zu Fuß nach Hause zu gehen. Warum? Keine Ahnung! Wahrscheinlich der Ehrgeiz des Schwaben. Also ging ich durch den Rosenstein Park, den Unteren Schlossgarten, wo die "Rossebändiger" aus weißem Marmor, erst vor wenigen Jahren gereinigt, langsam wieder schwarz werden, zum Hauptbahnhof ... Dort stieg ich in die U-Bahn.
Zuhause sichtete und editierte ich die an diesem Tag entstandenen Bilder.
Noch vor 20 Uhr fiel ich ins Bett und schlief 10 Stunden durch!
Es war ein schöner Regentag!







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