Samstag, 25. Juli 2015

Blutiger Vorhang


Als ich um exakt 03:15 Uhr aufwachte und in Richtung des Wohnzimmerfensters blickte, also nach rechts, da ich auf der rechten Seite lag, meinte ich, der Spitzenvorhang würde bluten. 
Anfangs wollte ich es einfach ignorieren und schloss die Augen um weiterzuschlafen. 
Da meldete sich der Harndrang und ich wusste, dass das Schicksal mich aufforderte nach dem blutenden Vorhang zu sehen. 
Natürlich war es nur eine optische Täuschung, hervorgerufen durch die orangefarbene, übrigens völlig unnatürliche Straßenbeleuchtung, und die Schatten, die durch den Faltenwurf des Vorhangs entstanden. Aber selbst ein Foto (siehe oben), das ich noch schnell vor dem Gang zur Toilette schoss, vielmehr auf dem Weg dorthin, konnte die Illusion des Blutes, das ich deutlich gesehen hatte, dunkelrot, als wäre es an manchen Stellen schon getrocknet, nicht bestätigen. 
Ich war beruhigt.
Danach lag ich im Bett und wusste, dass ich nicht mehr einschlafen würde, obwohl ich die Augen schloss, um dem Hirn zu signalisieren, dass ich schlafbereit bin. Jedoch, ohne das Angebot anzunehmen, begann es zu "googeln". 
"Aber klar doch! So ist Google entstanden!" sagte mein Hirn. "Du denkst an das Eine und kommst auf das Andere. Egal wie fadenscheinig die Verknüpfung ist, sie ist da und Du folgst ihr automatisch."
`Ist das ein bahnbrechender Gedanke?´, dachte ich. `Wohl eher nicht, Andere sind sicher auch schon darauf gekommen.´ Kurze Pause und dann: `Das muss ich mal googeln.´
Wie ich dann automatisch auf Lakritz kam, will ich hier nicht näher erläutern. Vor einigen Tagen hatte ich, im Zusammenhang mit Mundhygiene und Zahnpflege "Lakritze" gegoogelt. Fragt mich nicht, wie es dazu kam. Das ganze Leben scheint sich auf Google zu reduzieren! "Lebst Du noch, oder bist Du schon Google?"
Auf jeden Fall las ich da, dass Lakritze (Süßholz, kann man googeln) tatsächlich so eine Art Naturmedizin für die Zähne ist ... und dass sie, eventuell, Impotenz fördert. Wobei ich wieder bei mir im Bett bin. Aber da googelte mein Hirn schon längst wieder nach "Onkel Franz", der mit unserer Mutter (3 Kinder) während und nach dem Krieg in "wilder Ehe" lebte und für unser Überleben hauptverantwortlich war, ständig, so lange ich mich erinnern kann, Lakritze lutschte. 
Und zwar nicht die leichte, süße Variante aus der Bonbonbar (die  gab es ja nicht), sondern die scharfe, beinahe ätzende Originalversion. Er ließ sie mich einmal probieren, nur einen winzigen Splitter (man konnte sie zertrümmern wie Kandiszucker). Ich dachte, ich wäre für immer geheilt!
Auf jeden Fall bekam mein googelndes Hirn jetzt plötzlich die Idee, dass er bewusst Lakritz lutschte, um seine Libido in Schach zu halten. Wäre ja möglich ... Na ja, vielleicht mochte er Lakritz einfach? Und ich? Um ehrlich zu sein, habe bald eine Vorliebe für Lakritze entwickelt, wenn es um Süßigkeiten ging. Richtig süchtig wurde ich zwar nicht, aber, wer weiß, vielleicht reicht schon wenig um mich jetzt im Bett ...
Da muss ich dann wieder eingeschlafen sein. 
Der Schlaf ist mein bester Freund, auch wenn die Träume die er mir schenkt nicht immer die Besten sind. 
Gute Nacht

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