Wir kennen uns schon lange ...
Nein, wir dachten nur dass wir uns kennen.
So wie die Sonne denken mag,
dass sie die Blume kennt, die welk ist schon am nächsten Tag.
Liest sich das wie ein Gedicht? Wahrscheinlich. Wahrscheinlich, weil alles was ich denke und lebe eine dichterische Erfindung ist. Ich bin erstanden aus meinem Denken und das wiederum wurde erschaffen von Jenen mit denen ich zu leben mich arrangierte.
Ich bin nicht weil ich denke, ich bin was ich dachte!
Es war von Anfang an eine Fehlentscheidung denken zu müssen, und diese entstand nur dadurch, dass ich ermuntert wurde, denken zu wollen.
Denken mit allen Sinnen.
Der erste Sinn an den ich mich erinnere, ist das Gehör.
Es gab auf dem Speicher des Hauses in das wir evakuiert waren, einen alten Schallplattenspieler und einige Schallplatten. Darunter auch Ausschnitte aus der Oper "Carmen". Ganz besonders beeindruckte mich, als Zehnjährigen, das Duett zwischen Jose und Michaela. Wahrscheinlich erkannte ich intuitiv die ganze Dramatik, die sich zwischen zwei Menschen entwickeln kann. Es war schöne Musik. Sie hat nichts genützt. Mein Leben ging genau so auf die Szene von Carmens Tod vor der Stierkampfarena zu!
Bis jetzt habe ich noch niemand ermordet, aber getötet habe ich wohl etwas in mir um das es mir leid tut.
Dich!
Du siehst das sicher anders, aber für mich ist "etwas" gestorben das "zwischen" uns und "mit" uns und "in uns" war. Unsere gemeinsame Seele, unser "Zwillingsgefühl".
Du hast mich einen Feigling genannt, jemand der sich nicht traut seine Gefühle zuzugeben. Dem hast Du vorausgesetzt, dass meine Gefühle Dir gegenüber nicht wahr sind.
Warum?
Weil ich auf die Frage, am Anfang unserer Beziehung, warum ich Dich liebe, keine geläufigere Antwort fand als: "Weil Du mich liebst."?
Das war nicht genug, es war nur ein Lachen wert.
Da hätten wir Schluss machen sollen!
Aber es war ja ganz am Anfang, nur da stellt man solche Fragen und gibt solche Antworten.
Warum ich Dich liebe? Heute wüsste ich tausend Antworten. Aber sie sind in diesem Augenblick schon wieder nichtig. Ich liebe Dich nicht mehr.
Warum ich Dich liebte?
Ist das noch wichtig?
Aus tausendundeinen Nächten, und mehr, ist uns Nichts geblieben.
Das ist schade.
Ich muss aufhören zu denken!
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