Sonntag, 12. April 2015

"Als ich noch Prinz war von Arkadien ..."



Wahrscheinlich kennt niemand dieses Couplet aus Offenbachs "Orpheus in der Unterwelt". Muss auch nicht sein, habe ich nur als Einstieg benutzt, weil der junge Mann um den es hier geht Grieche ist. Na ja, eigentlich ist er Deutscher mit griechischen Eltern. Kann ja mal vorkommen, oder?
Heutzutage Grieche sein ist schon mutig. Das ist eine politische Anmerkung, die mit der Geschichte die ich erzählen möchte nichts zu tun hat.
Ich nenne ihn jetzt einfach Alexis, ist ja ein gängiger Name. Alexis ist, na, grob geschätzt, 23 Jahre jung, schlank, schmal, schwarzhaarig, hat ein sehr einnehmendes Lächeln, wobei die spitzigen Eckzähne aber hervorstechen. Um es kurz zu machen: Er ist nett, aber schön ist er nicht.
Er arbeitet im Stuttgarter Hauptbahnhof als Backwarenverkäufer. Besser als arbeitslos, denke ich. Ich kann mich aber auch täuschen.
Alexis ist ein junger Mann auf der Suche nach der großen Liebe. Die hatte er mit 18 Jahren gefunden, verloren (weil sein Anspruch zu überwältigend war) und kam danach für mehrere Monate "in die Psychiatrie". Hört sich an wie Luftkurort für die Seele. Ist aber immer noch, wenn man dem Thekennachbar lauscht, "die Klappse". So weit kann Liebe führen. Ich rate jedem davon ab!
Egal. Alexis sucht Liebe und braucht sie. Ist ja klar, in seinem Alter. Nur Onanieren befriedigt auf Dauer nicht ... warum eigentlich? Auch egal. Ich kann hier unmöglich alle Rätsel der Menschheit lösen!
An diesem Abend setzt sich ein "junges Mädchen" (wie soll ich sie denn sonst nennen?) an den Tresen und bezaubert Alexis. Sie ist blond, schlank, nicht klein ... eben der Typ Aphrodite. Alexis fängt sofort an zu flirten. Ist ja normal. 
`Das kann nur schief gehen.´ denke ich. Grundsätzlich bin ich ja nicht pessimistisch, aber ich passe mich der Weltgeschichte an.
Sie ist 21 und studiert in Tübingen Psychologie. Ich weiß, hier endet die Geschichte. Aber Alexis weiß das nicht. Er turtelt und schlägt Räder wie ein Pfau, kurz bevor er gebraten wird. Okay, die Metapher hat Macken.
Wer dem Geplänkel zweier Menschen lauscht, die gerade dabei sind sich, einerseits, zu verlieben, anderenseits, zu verarschen, der kann viel lernen: Finger weg!
Nun ja, Liebe ist halt da. Plötzlich. Nicht wie Harndrang der sich aufbaut. Sogar ich als alter Mann kann noch zwischen den beiden unterscheiden. Und, jetzt muss ich ganz einfach profan werden, beide tun weh!
Egal. Alexis verliebt sich und denkt, dass sie sich auch verliebt. Er sagt ihr, dass er jeden Tag hier arbeitet und hofft sie wieder zu sehen.
Sie lächelt und sagt: "Schön." und geht dann zu ihrem Zug.
Und der Prinz aus Arkadien schmachtet ihr hinterher.
"Bist Du verliebt?" frage ich ihn.
Liebe ist wie Dummheit, man kann nur nichts dazulernen.
"Oh ja!" antwortet er.
Zwei Wochen verstreichen.
"Und? Ist sie wieder gekommen?" frage ich ihn.
Er schenkt mir ein süßes Stückchen aus dem Abfall.
Ende der Geschichte.



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