Erinnerungen sind tückisch! Sie überfallen Dich, wenn Du an etwas ganz anderes denkst. Gestern am Nachmittag, zum Beispiel. Ich wollte nur ein Foto von einem Herz aus fünfzehn Rubinen machen, für den Valentin's Tag, der ja heute ist. Das Licht fiel schräg streifend durch das Südfenster und der Staub leuchtete auf, als würden unendlich viele Galaxien geboren. Und auch das Kästchen mit meinen "Preziosen" geriet ins Flutlich ...
Darin steckte, in eine der Falten eingeklemmt, ein Ring an den sich viele Erinnerungen knüpfen!
Der Heilige Georg den Drachen tötend. ... Saint Georges ... Das Hotel Saint Georges in Beyrouth, 1958, Die "erste Libanonkrise" und ich war "life" dabei. Damals schenkte mir ein Taxifahrer diesen billigen Silberring, und daran knüpfen sich sehr viele Erinnnerungen ...
Ich war gerade mal ein halbes Jahr bei der US Navy, nicht weil ich ein militaristisch veranlagter Mensch bin, ganz im Gegentei!, aber ich hatte mich bei der Überfahrt, als ich auswanderte, auf der SS Untited States, in den Ozean verliebt! Ein Jahr nach meiner Einwanderung trat ich freiwillig in die Navy ein. (Anders war das damals gar nicht möglich. Nur in die Army konnte man "verpflichtet" werden.) Es war meine erste "Cruise" ins Mittelmeer (Kurz vor Gibraltar wurde ich so seekrank, dass ich sterben wollte! Später nie wieder. Da muss man eben durch.) Dann kam der Befehl aus Washington, dass wir dort eingestzt würden ...
Der Rest ist Geschichte. Für mich war es das erste Abenteuer, der Eintritt ins "männliche Leben". Angst hatte ich keine, ich war zu jung dafür und fand das nur aufregend, aber nicht gefährlich ...
Aber um auf den Ring zurück zu kommen. Die Admiralität schlug ihr Hauptquartier im Hotel Saint Georges auf. Wunderbare Lage, äußerster Komfort: Herz was begehrst Du noch mehr?!
Für uns "normale" Matrosen war es natürlich strengst "Off Limits!" Als Schiffsmitglied der Admiralscrew und als gewöhnlicher "Matrosenanwärter" musste ich aber des öfteren Botengänge ins Saint Georges absolvieren. Was für eine Welt! Luxus der in Kristallleuchtern von der Decke tropfte und in dem man in orientalischen Teppichen beinah knöcheltief versank!! Es war ein Traum. Dadurch dass die Navy aber nicht als Militärpräsenz von den "Rebellen" angegriffen werden konnte, nutzte ich immer nur ein ganz gewöhnliches Taxi für meine Botengänge. Wurde natürlich von der Navy bezahlt.
Irgendwie bekam ich immer den selben Taxifahrer und es entwickelte sich eine Art Freundschaft zwischen uns ... Na ja ... sagen wir mal: er war an Amerikanischen Zigaretten interessiert und ich schmuggelte sie für ihn von Bord. Dafür fuhr er mit mir durch absolute Tabuzonen der Stadt in denen die Rebellen Barrikaden errichtet hatten und ich musste mich auf den Boden des Taxi legen ...
Einmal brachte er mich in ein Restaurant hoch über den Hügeln der Stadt, wo ich die unglaublichsten Speisen aß, die mir vorher völlig unbekannt waren. Ich fühlte mich wirklich im Orient angekommen! Daran und an das Hotel Saint George dachte ich, als ich den Ring sah. Ich habe es dann gegoogelt und fand dieses traurige Bild. Wahrscheinlich hat der Protest nichts genützt und es ist inzwischen längst abgerissen?
So viele Erinnerungen, die mich aus der Gegenwart in eine Vergangenheit reißen, die ich nicht vermissen möchte. Armes, reiches altes Beyrouth, wo bist Du?
Danke, namenloser Taxifahrer. Du hast mir mehr geschenkt als einen Ring!!!
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